Dezember
Salzwasser
mit Greta Maria Pichler

(c) Greta Maria Pichler
Salzwasser ist Meer, ist Träne, ist Schweiß und entzündungshemmend, ist
Gemisch,
eine Lösung – und was ist mit dem Wind? Greta Maria Pichler schiebt ihn in
ihrem
soghaft-berauschenden Lyrikdebüt ins Bild, vor allem auch in die Sprache,
wo er sich
sammelt und verfängt in deren nassem Untergrund, den er sodann bewegt,
zum
Wellen bringt und dessen Spiegel er ansteigen lässt, bis schließlich alles
kippt und
kentert. Das, was vormals in klar gezeichneten Bahnen und Konturen lag,
brandet
dabei plötzlich an, schlägt Schaum, zerfließt. Zwischen Ebbe und Flut, Flaute
und
Orkan, zwischen Fachsprache und dem, was wie Strandgut angespült wird,
beginnt so
ein Ringen mit und auf dem Wasser um Orientierung in der flüssigen
Moderne, aber
»noch bin ich hier, am strand, am ufer, am beckenrand vom zentrum des
geschehens«,
hier, wo Fragen nach dem Klima und seinen Auswirkungen, nach Grenzen
und
Beständigkeit, nach Austausch und Veränderung gleich Salz und Wasser
kaum
voneinander zu trennen sind.
Greta Maria Pichler, geboren 1996 in Bozen (IT), studierte Philosophie an der Universität Wien und Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst Wien. Sie war Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift JENNY und ist derzeit Mitglied des Teams von ZeLT. Ihre Texte wurden in Anthologien, Literaturzeitschriften und im Radio veröffentlicht. Ausgewählte Gedichte liegen in italienischer, slowakischer, polnischer, tschechischer und ungarischer Übersetzung vor. 2022 war sie Jurypreisträgerin des 30. Open Mike vom Haus für Poesie Berlin. Im Herbst 2024 erschien ihr Debüt Salzwasser in der Reihe Rohstoff bei Matthes & Seitz Berlin. Sie lebt und arbeitet in Wien und Brixen.