November (2)

Salzwasser

mit Greta Maria Pichler

(c) Greta Maria Pichler

Salzwasser ist Meer, ist Träne, ist Schweiß und entzündungshemmend, ist
Gemisch, eine Lösung – und was ist mit dem Wind? Greta Maria Pichler schiebt ihn in
ihrem soghaft-berauschenden Lyrikdebüt ins Bild, vor allem auch in die Sprache,
wo er sich sammelt und verfängt in deren nassem Untergrund, den er sodann bewegt,
zum Wellen bringt und dessen Spiegel er ansteigen lässt, bis schließlich alles
kippt und kentert. Das, was vormals in klar gezeichneten Bahnen und Konturen lag,
brandet dabei plötzlich an, schlägt Schaum, zerfließt. Zwischen Ebbe und Flut, Flaute
und Orkan, zwischen Fachsprache und dem, was wie Strandgut angespült wird,
beginnt so ein Ringen mit und auf dem Wasser um Orientierung in der flüssigen
Moderne, aber »noch bin ich hier, am strand, am ufer, am beckenrand vom zentrum des
geschehens«, hier, wo Fragen nach dem Klima und seinen Auswirkungen, nach Grenzen
und Beständigkeit, nach Austausch und Veränderung gleich Salz und Wasser kaum
voneinander zu trennen sind.

Greta Maria Pichler, geboren 1996 in Bozen (IT), studierte Philosophie an der Universität Wien und Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst Wien. Sie war Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift JENNY und ist derzeit Mitglied des Teams von ZeLT. Ihre Texte wurden in Anthologien, Literaturzeitschriften und im Radio veröffentlicht. Ausgewählte Gedichte liegen in italienischer, slowakischer, polnischer, tschechischer und ungarischer Übersetzung vor. 2022 war sie Jurypreisträgerin des 30. Open Mike vom Haus für Poesie Berlin. Im Herbst 2024 erschien ihr Debüt Salzwasser in der Reihe Rohstoff bei Matthes & Seitz Berlin. Sie lebt und arbeitet in Wien und Brixen.

Infos: https://www.gretamariapichler.com/